Servus #17

Oktober 2023

Die Themen in unserem aktuellen Newsletter sind: „Rechengrößen in der Sozialversicherung 2024“, „Reformempfehlungen der Fokusgruppe private Altersversorgung“, „Berücksichtigung von Nachhaltigkeitspräferenzen bei Versicherungsanlageprodukten“ und „sv.net – was ist das und was ändert sich im Jahr 2024?“.

Inhaltsverzeichnis

Rechengrößen in der Sozialversicherung 2024

Am 11.10.2023 ist die „Sozialversicherungsrechengrößen-Verordnung 2024“ vom Bundeskabinett beschlossen worden. Der zum 01.01.2024 fälligen Anpassung liegt eine Lohnentwicklung des Jahres 2022 in Höhe von 4,13 % im gesamten Bundesgebiet sowie  3,93 % in den alten Bundesländern zu Grunde. Dementsprechend erhöht sich die Beitragsbemessungsgrenze in der Renten- und Arbeitslosenversicherung von 7.300 €/Monat auf 7.550 €/Monat (Ost: von 7.100 €/Monat auf 7.450 €/Monat). Die bundesweit einheitliche Versicherungspflichtgrenze in der gesetzlichen Krankenversicherung steigt von 5.550 €/Monat auf 5.775 €/Monat, die ebenfalls bundesweit einheitliche Beitragsbemessungs-grenze in der gesetzlichen Krankenversicherung steigt im Jahr 2024 von 4.987,50 €/Monat auf 5.175 €/Monat.

Die Bemessungsgrenzen in der Sozialversicherung sind für die steuer- und sozialabgabenrechtliche Förderung der betrieblichen Altersversorgung maßgeblich.

Unabhängig von diesen Rechengrößen wird zudem der in der gesetzlichen Krankenversicherung 2009 eingeführte Zusatzbeitrag steigen, wenn auch nach dem aktuellen Ergebnis des zuständigen Schätzerkreises wohl weniger stark als befürchtet (der Zusatzbeitrag beträgt je nach Krankenkasse zwischen 0,9 und 1,8 % und im Schnitt 1,6 % des Bruttoeinkommens bis maximal zur KV-BBG). Statt wie von den Krankenkassen bis vor kurzem noch prognostizierten 0,2 bis 0,4 Prozentpunkten (dies entspräche einem zusätzlichen Finanzbedarf von 3,5 bis 7 Mrd. Euro) wird nun mit einer Erhöhung um 0,1 Prozentpunkte gerechnet (d.h. von durchschnittlich 1,6 auf 1,7 %), wie das Bundesamt für soziale Sicherung mitteilte. Wie den eigentlichen Krankenkassenbeitrag teilen sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer den Zusatzbeitrag zur Hälfte.

Reformempfehlungen der Fokusgruppe private Altersversorgung

In die von der Regierungskoalition angestrebte grundlegende Reform der privaten Altersversorgung scheint inzwischen etwas Bewegung gekommen zu sein. Nachdem die vom Bundesministerium der Finanzen eingesetzte Fokusgruppe private Altersversorgung ihren Abschlussbericht vorgelegt hatte, gibt es – neben etlichen anderen Wortmeldungen und Konzeptvorschlägen verschiedenster Verbände und Gruppen – eine Alternativforderung von vier der fünf sogenannten Wirtschaftsweisen, d.h. den Mitgliedern des Sachverständigenrats zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung.

Der Abschlussbericht gibt eine Empfehlung für eine möglichst einfache, transparente und gut erklärbare private Altersversorgung unter folgenden Annahmen ab: Eine Förderung sollte allen Erwerbstätigen offenstehen – also auch Selbständigen. Eine Einbeziehung in die private Altersvorsorge sollte grundsätzlich automatisch erfolgen, wobei die Möglichkeit eines sogenannten Opt-Out besteht. Bisherige Produkte sollten standardisiert und vereinfacht werden und zudem sollte eine besonders hohe Förderquote für untere Einkommensgruppen, junge Menschen und Familien gelten.

Weiterhin empfiehlt der Abschlussbericht, ein förderfähiges und zertifiziertes Altersvorsorgedepot ohne Garantien zuzulassen, bei dem das Geld beispielsweise in börsengehandelte Indexfonds (sog. ETF) angelegt wird. Um höhere Renditen als bei den bisherigen Riester-Verträgen zu erreichen, sollen dabei künftig auch risikoreichere Varianten angeboten werden.  Die Wirtschaftsweisen empfehlen, dafür einen deutschen Staatsfonds aufzusetzen und haben davor gewarnt, die Absicherung der Rente privaten Anbietern zu überlassen. Denn ein staatlich verwalteter Fonds würde in Konkurrenz mit privaten Anbietern für transparentere Produkte sorgen und einen hohen Kostensenkungsdruck erzeugen.

Auf Basis des Abschlussberichts möchte nun das BMF das Gesetzgebungsverfahren starten und in 2024 zügig vorankommen.

Wie immer auch die Reform der privaten Altersvorsorge aussehen wird: Mit dem EPF steht bereits jetzt ein etabliertes Vehikel für eine Altersversorgung zur Verfügung, das die Kriterien an Rendite, Transparenz und Sicherheit erfüllt.

Berücksichtigung von Nachhaltigkeitspräferenzen bei Versicherungsanlageprodukten

Seit dem 02.08.2022 sind sowohl bei der Beratung zu Finanzanlagen als auch bei der Vermittlung von Versicherungsanlageprodukten Informationen über die Nachhaltigkeitspräferenzen des Kunden zu erfragen (sog. ESG-Abfrage). Die regulatorischen Vorgaben zur Abfrage der Nachhaltigkeitspräferenzen sind jedoch derartig komplex, dass eine praktische Umsetzung im Beratungsprozess kaum durchführbar ist. Dies zeigen die Stellungnahmen zu einem „Call for Evidence“ zur Anwendung im Beratungsprozess zu Finanzanlagen der europäischen Regulierungs- und Aufsichtsbehörde der EU (ESMA). Auch wenn sich dieser „Call for Evidence“ nur auf die Finanzanlagenvermittler bezieht, sieht es bei der Versicherungsvermittlung nicht wesentlich anders aus. Insbesondere die Dreiteilung der Präferenzmöglichkeiten nach

a) „EU-Taxonomie“ (Klassifizierungssystem, das die Klima- und Umweltziele der EU in Kriterien für bestimmte Wirtschaftstätigkeiten zu Investitionszwecken umsetzt),

b) nachhaltigen Investitionen gemäß den Bestimmungen der Offenlegungsverordnung (Investitionen in eine Wirtschaftstätigkeit, die zur Erreichung eines Umweltziels oder sozialen Ziels beiträgt, vorausgesetzt, dass die Investition solche Ziele nicht erheblich beeinträchtigt und dass die Unternehmen, in die investiert wird, Verfahrensweisen einer guten Unternehmensführung anwenden) und

c) „PAIs“ (Principal Adverse Impacts – nachteilige Auswirkungen von Investitionsentscheidungen auf Nachhaltigkeitsfaktoren in den Bereichen Umwelt, Soziales und Beschäftigung, Achtung der Menschenrechte und Bekämpfung von Korruption und Bestechung)

führt zu einer weder für Berater noch für Vermittler noch für Kunden beherrschbaren Komplexität, so dass das wichtige Thema der Integration von Nachhaltigkeitsaspekten in die Finanzwelt auf der Strecke zu bleiben droht. Es bleibt also spannend, wie die regulatorischen Vorgaben – genauer gesagt in diesem Fall „Handlungsempfehlungen“ – so angepasst werden, dass ein wichtiges Thema für alle Beteiligten, und insbesondere die Kunden handhabbar wird.

Bei Profion und ihrem Mutterkonzern SÜDVERS sind Prinzipien zur Nachhaltigkeit in alle Entscheidungsprozesse integriert und klare Ausschluss- und Positivkriterien für Investitionen festgelegt, deren Einhaltung laufend überprüft wird.

sv.net – was ist das und was ändert sich im Jahr 2024?

sv.net könnte man kurz mit „Sozialversicherung im Internet“ erklären. Arbeitgeber können außerhalb der Entgeltabrechnung über sv.net Sozialversicherungsmeldungen, Beitragsnachweise oder den digitalen Lohnnachweis zur Unfallversicherung elektronisch und verschlüsselt übermitteln. Die Berechnung von Entgelten, Steueranteilen oder Sozialversicherungsanteilen leistet sv.net jedoch nicht. Es handelt sich also um eine programmatische Möglichkeit zur Erstellung und zum Abruf von ergänzenden Meldungen für Arbeitgebende. Außerdem beantragen und versenden Arbeitgebende und Selbständige über sv.net ihre A1-Entsendungsbescheinigungen maschinell (A1-Entsendungsbescheinigungen dokumentieren den Status der Sozialversicherung im Heimatland bei Entsendungen in das europäische Ausland).

Aktuell funktioniert die Nutzung von sv.net über die Betriebsnummer. Selbständige ohne eigene Arbeitnehmende brauchen keine Betriebsnummer zur Nutzung der Funktion A1-Entsendungsbescheinigungen.

Es gibt derzeit zwei Varianten von sv.net:

Das sv.net/standard ist eine browserbasierte Anwendung ohne Notwendigkeit zur Installation und ohne Möglichkeit zur Zwischenspeicherung. Das sv.net/comfort ist eine rechnerbasierte Anwendung über lokale Installation und mit Möglichkeit zur Zwischenspeicherung von Firmen- und Personalstammdaten. Beide Versionen sind bis zu einem bestimmten Nutzungsvolumen kostenfrei. Ab einem festgelegten Nutzungsvolumen (>300 Meldungen pro Jahr, mehrere Betriebsnummern/Nutzer) gehen Unternehmen derzeit in das bezahlpflichtige Premium-Modell über.

Was ändert sich nun 2024 bei sv.net?

Zum 04.10.2023 startete das neue sv-Meldeportal, das sv.net bis Ende 2023 ablösen soll. Meldungen über sv.net sind vom 01.01.2024 – 29.02.2024 übergangsweise zwar noch möglich, aber es sind dann schon keine Rückmeldungen mehr abrufbar. Ab 01.03.2024 wird sv.net gänzlich abgeschaltet. Der Übermittlungsweg wird dann nur noch über sv-meldeportal.de funktionieren.

Übergangsweise Ausnahmen: Weiterhin übergangsweise möglich über sv.net sind:

  • Abruf von A1-Bescheinigungen
  • Abruf von eAU-Bescheinigungen

Das sind die neuen Features von sv-meldeportal.de:

  • Online-Datenspeicher zur Speicherung von Entgeltdaten und Daten aus Sozialversicherungsmeldungen;
  • Benutzerregistrierung nur noch über das ELSTER-Zertifikat möglich;
  • Barrierefreie und mehrsprachige Benutzeroberfläche, die sich im Design an das Endgerät anpasst.

Unser Praxis-Tipp:

Stellen Sie sich mit 01.01.2024 auf das neue sv-meldeportal.de ein und registrieren Sie sich und Ihre Unternehmung bereits heute.

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