Servus #9

Mai 2022

Die Themen in unserem aktuellen Newsletter sind: „Neue Entwicklungen beim Sozialpartnermodell“, „PSVaG: Rückläufiges Insolvenz geschehen in 2021“, „Neues BMF-Schreiben zur betrieblichen Altersversorgung“, „Rechtsprechung: Arbeitgeberzuschuss“.

Inhaltsverzeichnis

Neue Entwicklungen beim Sozialpartnermodell

Es ist bereits 4 Jahre her, das mit dem Sozialpartnermodell – nach der ehemaligen Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles auch gerne Nahles-Rente genannt – faktisch ein neuer Durchführungsweg in der betrieblichen Altersversorgung vom Gesetzgeber eingeführt wurde. Von der anfänglichen Euphorie ist jedoch nicht viel übriggeblieben.

Zur Erinnerung: Wichtigstes Merkmal des Sozialpartnermodells ist es, dass Arbeitgeber lediglich eine reine Beitragszusage abgeben. Dabei verpflichtet sich der Arbeitgeber zur Zahlung eines bestimmten Beitrages, haftet jedoch nicht für die daraus resultierende Rentenleistung. Mit dieser Erleichterung verband sich die Erwartung, die Betriebsrente in Deutschland zu stärken und vor allem in kleineren und mittleren Unternehmen weiter zu verbreiten. Der Nachteil einer fehlenden Rentengarantie soll dabei durch verschiedene gesetzliche Maßnahmen kompensiert werden. Die wichtigste davon ist die Einbindung des jeweiligen Tarifpartners.

Die zahlreichen, an das Sozialpartnermodell geknüpften Hoffnungen haben sich jedoch nicht erfüllt. Insbesondere die gesetzlichen Vorgaben zur Einbindung der Tarifpartner führen – etwas salopp ausgedrückt – zu einer kaum beherrschbaren Vermischung von versicherungsaufsichts- und tarifrechtlichen Fragen in der ja ohnehin schon recht komplexen Welt der betrieblichen Altersversorgung. Es ist jedenfalls ein durchaus interessantes Experiment, wenn sich die BaFin als Versicherungsaufsicht nun mit arbeitsrechtlichen Tarifverträgen beschäftigt.

Aber zumindest scheint es jetzt in der chemischen Industrie voran zu gehen. Die Tarifparteien BVAC und IGBCE haben verkündet, das erste branchenweite Sozialpartnermodell zu entwickeln und bis zum 20.6. dieses Jahres die tariflichen Regelungen zu schaffen. Man darf gespannt sein: Es sollte auch schon einmal im Jahr 2021 mit dem Sozialpartnermodell losgehen, als Verdi und die Talanx-Versicherung verkündeten, nach zweijährigen Verhandlungen mit dem ersten Sozialpartnermodell zum 1.7.2021 zu starten, wenn auch erstmal nur für eigene Mitarbeiter der Talanx-Versicherungsgruppe. Das Modell ist immer noch nicht vom Stapel gelaufen. Und auch auf die Entwicklungen in der Chemiebranche wird man gespannt sein dürfen. Denn eigentlich geht es dabei um den Umbau des bestehenden Chemie-Pensionsfonds, bei dem die zukünftige Mindestleistung abgesenkt werden soll, um auf die seit Jahren andauernde Niedrigzinsphase zu reagieren. Es bleibt abzuwarten, in wie fern mit Einführung einer reinen Beitragszusage auch tatsächliche positive Ertragseffekte für die Versorgungsberechtigten verbunden sind.

PSVaG: Rückläufiges Insolvenzgeschehen in 2021

Aufgrund des rückläufigen Insolvenzgeschehens im Jahr 2021 hat der Pensionssicherungsverein seinen Beitragssatz auf 0,6 Promille abgesenkt, nAufgrund des rückläufigen Insolvenzgeschehens im Jahr 2021 hat der Pensionssicherungsverein seinen Beitragssatz auf 0,6 Promille abgesenkt, nachdem dieser für 2020 noch 4,2 Promille betrug. Aufgrund des rückläufigen – und überraschend geringen – Insolvenzgeschehens im zweiten Corona-Jahr liegt der Beitragssatz damit erheblich unter dem langjährigen Mittel von 2,8 Promille. Maßgeblich Anteil daran hatte vor allem die deutlich gesunkene Zahl von Großschäden. Es bleibt abzuwarten, ob sich dieser Trend in 2022 fortsetzt.

Neues BMF-Schreiben zur betrieblichen Altersversorgung vom 18.3.2022

Das BMF hatte am 12.08.2021 sein Schreiben zur steuerlichen Förderung der bAV aktualisiert. Allerdings ohne wie üblich die entsprechenden Verbände einzubinden. Die neue Version warf dann auch zahlreiche Fragen auf, auf die das BMF mit der neuerlichen Version zumindest teilweise reagiert hat.

Die wichtigste Klarstellung erfolgt dabei zu den Matching-Modellen. Zusätzliche und damit förderfähige Beiträge des Arbeitgebers liegen nach § 100 EStG auch dann vor, wenn sich bei sogenannten „Freiwilligen Matching-Modellen“ die Höhe des Arbeitgeberbeitrags an der Entgeltumwandlung des Arbeitnehmers bemisst.

Ebenfalls wichtig ist die Klarstellung, dass es in allen Durchführungswegen steuerlich unschädlich ist, wenn der Arbeitnehmer im Zeitpunkt der Auszahlung das 60. Lebensjahr erreicht, aber seine berufliche Tätigkeit noch nicht beendet hat. Da in den Vorversionen bislang nur die versicherungsförmigen Durchführungswege genannt wurden, ist diese Klarstellung ausgesprochen positiv für Pensionszusagen und Unterstützungskassen.

Ein weiterer Punkt betrifft die Fünftelungsregelung nach § 34 EStG für Einmalzahlungen im Durchführungsweg Pensionszusagen und Unterstützungskassen. Bisher war der § 34 EStG für Teilkapitalauszahlungen über mehrere Jahre gesperrt. Nun ergänzt das BMF, dass geringfügige Teilleistungen unschädlich sind und verweist auf das BMF-Schreiben vom 4.3.2016, wonach aus Vereinfachungsgründen nicht beanstandet wird, eine geringfügige Zahlung auch dann anzunehmen, wenn diese nicht mehr als 10 % der Hauptleistung beträgt.

Rechtsprechung: Arbeitgeberzuschuss bei vor 2019 abgeschlossenen Tarifverträgen

Von der seit 2022 für Entgeltumwandlungen bestehenden Pflicht des Arbeitgebers, ersparte Sozialversicherungsaufwendungen in Höhe von bis zu 15 Prozent an die Arbeitnehmer durchzureichen, kann tarifvertraglich abgewichen werden.

Im Betriebsrentengesetz ist explizit vorgesehen, dass in Tarifverträgen von diesem verpflichtenden Arbeitgeberzuschuss abgewichen werden kann, auch wenn das Arbeitnehmer benachteiligt. Strittig ist allerdings, ob dies auch für Tarifverträge, die vor 2019 – dem Jahr der gesetzlichen Einführung dieser Zuschusspflicht – gilt. Denn bei derartigen Tarifverträgen wird man wohl kaum unterstellen können, dass die Tarifparteien bewusst von einer gesetzlichen Regelung abweichen wollten, die noch gar nicht bestand.

Das Bundesarbeitsgericht hat jetzt zumindest die Konstellation entschieden, in der ein neuer Haustarifvertrag aus dem Jahr 2019 auf einen bestehenden Tarifvertrag aus dem Jahr 2008 verweist. In diesem Fall sei ein Anspruch auf den Arbeitgeberzuschuss jedenfalls ausgeschlossen, da es das neue Gesetz zu diesem Zeitpunkt bereits gab (BAG vom 8.3.2022, 3 AZR 361/21).

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