Servus #8

März 2022

Die Themen in unserem aktuellen Newsletter sind: „Deutliche Rentenerhöhung zum 01.07.2022“, „Ausstieg vom Einstieg in die kapitalgedeckte Rentenversicherung“, Pensionsverpflichtungen der Dax-40-Unternehmen“, „Fehlstart für Paneuropäische Pensionsprodukte“ und „Rechtsprechung: Pfändungsschutz im Rahmen einer Entgeltumwandlung“.

Inhaltsverzeichnis

Deutliche Anhebung der gesetzlichen Renten zum 01.07.2022

Bei der turnusmäßigen Rentenerhöhung zum 01.07.2022 gibt es erneut eine Überraschung. Die Renten sollen nun mit 6,12 % im Osten und mit 5,35 % im Westen deutlich höher ausfallen als erwartet. Zur Erinnerung: Anfang November war zunächst verkündet worden, dass die gesetzlichen Renten zum 01.07.2022 um 5,2 % (West) bzw. um 5,9 % (Ost) im Osten steigen könnten. Hintergrund für diese erhebliche Steigerung war der pandemiebedingte Konjunktureinbruch in 2020, der zu einer Nullrunde bei den Anpassungen für Westdeutschland bzw. zu einer marginalen Anpassung in Höhe von 0,72 % für den Osten geführt hatte. Diese Nullrunde sollte nun wieder ausgeglichen werden. An diesen Plänen gab es jedoch erhebliche Kritik, da der hohe nunmehrige Rentenanstieg seine Ursache nicht nur in der konjunkturellen Entwicklung gehabt hätte, sondern auch im Aussetzen des sog. Nachholfaktors in der Rentenpassungsformel in der letzten Legislaturperiode. Dieser ist grundsätzlich erforderlich, da selbst bei sinkenden Einkommen die Rente nicht abgesenkt wird, und dies in den Folgejahren dann wieder auszugleichen ist.

Trotz der im Koalitionsvertrag von SPD, Grüne und FDP getroffenen Vereinbarung, den Nachholfaktor rechtzeitig vor den Rentenanpassungen 2022 wieder zu aktivieren, sorgt die positive Entwicklung der Beitragseinnahmen, d.h. der Entwicklung der Einkommen, nun für die deutliche Anhebung der Renten, die sogar noch über das hinausgeht, was im Herbst trotz Aussetzung des Nachholfaktors prognostiziert wurde. Es bleiben allerdings zwei erhebliche Wermutstropfen. Zum einen bewegt sich die Anhebung im Bereich der gegenwärtigen Inflation, die damit natürlich immerhin ausgeglichen wird. Zum anderen steigt der (durch Steuern finanzierte) Zuschuss aus dem Bundeshaushalt zur Rentenversicherung in neue Höhen – vorgesehen sind im Haushaltsentwurf 107,7 Milliarden Euro.

Ausstieg vom Einstieg in die kapitalgedeckte Rentenversicherung

Im Gegensatz zu den deutlich steigenden Renten der jetzigen Rentenbezieher scheint ein Reformprojekt für die zukünftige Rentnergeneration auf der Strecke zu bleiben. Als Teil einer umfassenden Rentenreform hatten SPD, FDP und Grüne im Koalitionsvertrag den Einstieg in eine teilweise Kapitaldeckung der gesetzlichen Rentenversicherung vereinbart. Damit sollten Beitragssatz und Rentenniveau in der Rentenversicherung langfristig stabilisiert werden. In einem ersten Schritt war geplant, einen öffentlich-rechtlich verwalteten Fonds zunächst mit 10 Milliarden Euro zu dotieren. Diese sogenannte Aktienrente sollte auch eine Antwort darauf sein, dass das Umlagesystem der gesetzlichen Rente in einer alternden Gesellschaft unter Druck gerät. Mit dem damit aufzubauenden Kapitalstock sollte das Problem der in den nächsten 10 Jahren verstärkt in Rente gehenden Babyboomer-Jahrgänge bewältigt werden.

Aus diesen Reformplänen wird nun erst einmal nichts. Im aktuellen Haushaltsplan der Bundesregierung ist der Betrag nicht mehr vorgesehen. Begründet wird dies seitens des Finanzministeriums mit der außergewöhnlichen Notsituation der Ukraine-Krieges und dessen Auswirkungen.

Pensionsverpflichtungen der Dax-40-Unternehmen

Im letzten Newsletter hatten wir bereits über den Stand der Pensionsverpflichtungen der Dax-40-Unternehmen berichtet. Eine aktuelle Studie – diesmal von Willis Towers Watson – bietet nun zusätzliche Einblicke. Danach erhöhte sich der Umfang der Pensionsverpflichtungen trotz Erweiterung des Dax von 30 auf 40 Unternehmen im Jahr 2021 insgesamt lediglich um 0,7 % auf 412 Milliarden. Hintergrund ist dabei vor allem der Anstieg des Rechnungszinses um 40 Basispunkte auf 1,2 %, der zu einem verringerten Ausweis der Verpflichtungen in den Bilanzen führte und damit im Ergebnis die Verpflichtungen der 10 zusätzlichen Dax-Unternehmen statistisch weitgehend kompensierte. Bemerkenswert ist aber vor allem, dass trotz kaum geändertem Verpflichtungsumfang das Pensionsvermögen um 12 % auf 298 Milliarden Euro anstieg. Der Ausfinanzierungsgrad der Pensionsverpflichtungen hat damit einen neuen Höchststand erreicht und beträgt nunmehr 72 % (gegenüber 65 % in 2020).

Fehlstart für Paneuropäische Pensionsprodukte

Eigentlich dürften seit dem 22. März Versicherungs- und Kapitalanlageprodukte vertrieben werden, die dem europäischen Regulierungsrahmen für Paneuropäische Pensionsprodukte (PEPP) entsprechen. Die EU hatte sich zum Ziel gesetzt, mittels einer „Europarente“ eine zusätzliche Altersversorgung zu schaffen. Diese „Paneuropäischen Pensionsprodukte“ – kurz PEPP – sollten kostengünstige und attraktiv verzinste Alternativen zu bestehenden Produkten etablieren, und zwar europaweit.

Der regulatorische Rahmen führt jedoch dazu, dass bislang kein einziges Produkt am Markt verfügbar ist. Anscheinend ist noch nicht einmal ein Genehmigungsverfahren für ein derartiges Produkt bei der zuständigen europäischen Aufsichtsbehörde für das Versicherungswesen und die betriebliche Altersversorgung (EIOPA) auch nur anhängig. Und hört man sich bei potenziellen Anbietern um, scheint dies auch so zu bleiben. Denn die zahlreichen regulatorischen Vorgaben, insbesondere zu Garantien, Inflationsausgleich und Kosten, lassen es unwahrscheinlich erscheinen, dass ein derartiges Produkt kein dauerhaftes Zuschussgeschäft für die jeweiligen Anbieter darstellt.

Rechtsprechung: Pfändungsschutz im Rahmen einer Entgeltumwandlung

Das Bundesarbeitsgericht hatte sich mit der Frage zu beschäftigen, ob eine Entgeltumwandlung zu Gunsten einer Direktversicherung einem Pfändungsschutz selbst dann unterliegt, wenn die Vereinbarung zur Engeltumwandlung erst abgeschlossen wird, wenn bereits ein Pfändungs- und Überweisungsbeschluss vorliegt. Das Bundesarbeitsgericht hat dabei eindeutig dem gesetzlichen Recht auf Entgeltumwandlung aus § 1a Abs. 1 Betriebsrentengesetz den Vorrang eingeräumt, hinter dem das Pfändungsinteresse des Gläubigers zurückzutreten hat (Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 14.10.2021 – 8 AZR 96/20).

Im zu entscheidenden Fall hatte der geschiedene Ehemann gegen seine ehemalige Ehefrau einen rechtskräftigen Titel über rund 22.000 Euro erstritten und wollte diesen mittels der teilweisen Pfändung des Arbeitseinkommens durchsetzen. Die ehemalige Ehefrau hatte daraufhin im Rahmen der gesetzlichen Höchstgrenze von ihrer Arbeitgeberin die Umwandlung ihres Arbeitsentgelts in eine Versorgungsanwartschaft auf betriebliche Altersversorgung verlangt und auch erhalten. Das Bundesarbeitsgericht hat nunmehr klargestellt, dass kein pfändbares Einkommen im Sinne des § 850 Abs. 2 ZPO vorliegt, wenn der jemand von seinem „Recht aus § 1a Abs. 1 Satz 1 BetrAVG auf betriebliche Altersversorgung durch Entgeltumwandlung Gebrauch gemacht hat und der in § 1a Abs. 1 Satz 1 BetrAVG vorgesehene Betrag nicht überschritten wurde.“ Offen gelassen hat das Gericht allerdings die Frage, ob es sich anders darstellt, wenn die Entgeltumwandlung den in § 1a Abs. 1 Satz 1 BetrAVG vorgesehenen Betrag von 4 % der jeweiligen BBG übersteigt.

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