Servus #14

März 2023

Die Themen in unserem aktuellen Newsletter sind: „Rentenerhöhung zum 01.07.2023“, „Reform der gesetzlichen Rentenversicherung: Konzept des Bundesfinanzministeriums zum „Generationenkapital““, „Rechtsprechung: BAG-Entscheidung zur Abfindungsberechnung lebenslanger Altersrenten“ und „Aktuelle Entwicklungen bei Zeitwertkonten“.

Inhaltsverzeichnis

Rentenerhöhung zum 01.07.2023

Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales hat Ende März mitgeteilt, dass die Rente zum 1. Juli 2023 in Westdeutschland um 4,39 Prozent und in den neuen Ländern um 5,86 Prozent steigen wird. Die turnusmäßig jeweils zum 01.07. eines Jahres erfolgende Rentenanpassung basiert dabei auf einer relevanten Lohnsteigerung von 4,50 Prozent in den alten Ländern und 6,78 Prozent in den neuen Ländern. Bereits im Jahr 2022 fiel die Rentenanpassung mit 6,12 Prozent in den neuen Ländern bzw. 5,35 Prozent in Westdeutschland verhältnismäßig hoch aus, spiegelt letztlich jedoch nur die aktuelle Lohnentwicklung wider.

Der aktuelle Rentenwert (Gegenwert der einem Entgeltpunkt entspricht) soll dabei von gegenwärtig 36,02 Euro für die alten Länder und 35,52 für die neuen Länder auf nunmehr einheitlich 37,60 Euro angehoben werden. Damit ist 33 Jahre nach der Wiedervereinigung die Angleichung der Rentenwerte in Ost und West abgeschlossen. Das ändert nichts an der Tatsache, dass das umlagefinanzierte System der gesetzlich organisierten Altersrente in Deutschland seinem sozialpolitischen Anspruch einer Basisabsicherung im Alter immer weniger gerecht wird: Die ausgezahlten neu zugegangenen Netto-Altersrenten (Regelaltersrenten und vorgezogene Altersrenten) beliefen sich im Durchschnitt per 31.12.2021 für Männer auf 1.218 Euro (West) bzw. 1.141 Euro (Ost) und für Frauen auf 809 Euro (West) bzw. 1.070 Euro (Ost) monatlich.

Reform der gesetzlichen Rentenversicherung: Konzept des Bundesfinanzministeriums zum „Generationenkapital“

Die zahlreichen Reformprojekte und Reformvorschläge zur privaten und gesetzlichen Altersversorgung sind von einer Veröffentlichung des Bundesfinanzministeriums (BMF) ergänzt worden. Wir erinnern uns: Als Teil einer umfassenden Rentenreform hatten SPD, FDP und Grüne im Koalitionsvertrag den Einstieg in eine teilweise Kapitaldeckung der gesetzlichen Rentenversicherung vereinbart. Damit sollten Beitragssatz und Rentenniveau in der Rentenversicherung langfristig stabilisiert werden. In einem ersten Schritt war geplant, einen öffentlich-rechtlich verwalteten Fonds zunächst mit 10 Mrd. [AF1] Euro zu dotieren. Diese sogenannte Aktienrente sollte auch eine Antwort darauf sein, dass das Umlagesystem der gesetzlichen Rente in einer alternden Gesellschaft unter Druck gerät. Passiert ist dann im Jahr 2022 allerdings erst einmal nichts.

Mit dem nun veröffentlichten Konzept möchte das BMF in die Abstimmung eines Referentenentwurfes zur geplanten gesetzlichen Regelung einsteigen. Das dabei vorgeschlagene „Generationenkapital“ soll die gesetzliche Rente durch eine an den Aktienmärkten erzielte Rendite unterfüttern. Die Überlegungen sehen vor, den Kapitalstock aus öffentlichen Mitteln aufzubauen, zunächst über Kredite des Bundes in Höhe von 10 Mrd. Euro im Jahr 2023. Das Generationenkapital soll[AF2] [PJ3]  durch Nutzung von Wertzuwächsen der Kapitalanlagen langfristig zu einer Dämpfung der Rentenbeitragssätze beitragen. Die Steuerung und Überwachung der Anlageentscheidungen wäre Aufgabe einer einzurichtenden Stiftung. Durch eine strikte Zweckbindung soll eine Verwendung der Erträge für andere Zwecke als die der Rentenversicherung ausgeschlossen werden.

Rechtsprechung: BAG-Entscheidung zur Abfindungsberechnung lebenslanger Altersrenten

Die Abfindung von laufenden Altersrenten durch eine Einmalzahlung des Arbeitgebers ist nach einer jüngsten Entscheidung des BAG nicht generell unwirksam, setzt aber eine Kapitalabfindung mindestens in Höhe des versicherungsmathematisch ermittelten Barwertes voraus (Urteil des BAG vom 27.02.2023, Az. 3 AZR 220/22).

Zum Fall: Die Satzung einer Gruppen-Unterstützungskasse sah die Möglichkeit vor, anstelle einer laufenden Altersrente eine einmalige Kapitalabfindung in Höhe der 10-Fachen Jahresrente zu zahlen. Von diesem Recht wollte der ehemalige Arbeitgeber Gebrauch machen und die geschuldete monatliche Altersrente in Höhe von 1.030,41 Euro durch den 10-fachen Jahresbetrag in Höhe von 123.649,20 Euro brutto (nach Abzug von Lohn- und Kirchsteuer ca. 107.000 Euro) abfinden.

Das BAG hat dabei – wie die Vorinstanzen – die im Leistungsplan der Unterstützungskasse getroffenen Abreden als Allgemeine Geschäftsbedingungen eingestuft. Nach den dafür geltenden Regelungen ist eine Vereinbarung eines Rechts, die versprochene Leistung zu ändern oder von ihr abzuweichen, unwirksam, wenn nicht die Vereinbarung der Änderung oder Abweichung unter Berücksichtigung der Interessen des Verwenders für den anderen Vertragsteil zumutbar ist (§ 308 Nr. 4 BGB). Nach der danach gebotenen Abwägung ist eine Abfindung nicht zumutbar, wenn die Klausel eine Ersetzung der geschuldeten Rentenleistung  durch eine nicht mindestens wertgleiche Kapitalleistung, sondern durch eine geringere Kapitalleistung vorsieht.

Den Beschäftigten würde so ihr bereits verdientes Entgelt im Nachhinein, nämlich kurz vor Eintritt des Versorgungsfalls, zumindest teilweise wieder entzogen – obwohl sie ihre Gegenleistungen während des bestehenden Arbeitsverhältnisses bereits vollständig erbracht haben. Für eine wirksame Abfindungsklausel ist nach Sicht des BAG daher erforderlich, dass die Kapitalabfindung mindestens dem versicherungsmathematisch ermittelten Barwert der laufenden Rente entspricht.

Dies hätte allerdings für den ehemaligen Arbeitgeber auch ohne Urteil des BAG eine Selbstverständlichkeit darstellen sollen. Für den EPF (Euro-BetriebsPensionsFonds e.V.) – der die Altersvorsorge für seine Trägerunternehmen durchführt – ist es das jedenfalls.

Aktuelle Entwicklungen bei Zeitwertkonten

Während sich Zeitwertkonten in vielen Bereichen längst als Instrument zur Arbeitszeit- und Lebensplanung etabliert haben, steht die Finanzverwaltung der steuerlichen Anerkennung von Zeitwertkonten bei Gesellschaftern-Geschäftsführern (GGF) nach wie vor ablehnend gegenüber. Das BMF hatte bereits in seinem Schreiben vom 17.06.2009 (IV C 5 – S 2332/07/0004) verlautbart, dass Vereinbarungen über die Einrichtung von Zeitwertkonten nicht mit dem Aufgabenbild von Personen vereinbar seien, die als Organmitglieder für Kapitalgesellschaften tätig sind. Dementsprechend führe daher die Gutschrift von künftig fällig werdendem Arbeitslohn auf einem Zeitwertkonto bereits zum Zufluss von Arbeitslohn.

Der BFH war dem in der Vergangenheit nur teilweise gefolgt, wenn auch mit nicht immer nachvollziehbaren Differenzierungen, insbesondere zwischen Fremdgeschäftsführern und Alleingesellschaftern. Im Ergebnis hat das BMF mit Schreiben vom 08.08.2019 (IV C 5 -S 2332/07/0004 :004) klargestellt, dass Vereinbarungen über die Einrichtung von Zeitwertkonten bei Organmitgliedern einer Kapitalgesellschaft grundsätzlich steuerlich anzuerkennen sind, wenn die betreffende Person keine Anteile an der Gesellschaft hält.

Das Finanzgericht Hessen hatte nun über eine Zeitwertkontenregelung zu entscheiden, bei der ein Unternehmen ihren Arbeitnehmern einschließlich des beherrschenden GGF die Teilnahme an einem Zeitwertkontenmodell ermöglicht hatte (Urteil vom 29.09.2021 – 4 K 1476/20). Das Guthaben konnte zur Finanzierung eines vorgezogenen Ruhestandes, aber auch für eine volle oder teilweise Freistellung von der Arbeitsleistung während des noch fortbestehenden Dienstverhältnisses dienen. Davon abweichend wurde für den GGF explizit die Verwendung des Wertguthabens auf die Finanzierung eines vorgezogenen Ruhestands eingeschränkt, und zudem die Inanspruchnahme des Wertguthabens an seinen Dienstaustritt geknüpft.

Während die Finanzverwaltung dem Modell die steuerliche Anerkennung versagte, sieht das Finanzgericht sie als zulässig an. Durch die Begrenzung der Wertguthabenverwendung auf eine Vorruhestandsleistung, die zudem an den Dienstaustritt und damit die Abberufung als Geschäftsführer geknüpft ist, käme es auf die grundsätzliche Unvereinbarkeit von Organstellung und Freistellung nicht an. Die Voraussetzungen, die bei der Dotierung des Zeitwertkontos zu einer verdeckten Gewinnausschüttung hätten führen können, lägen danach nicht vor.

Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig, die Revision beim BFH (I B 87/21) anhängig. Die weitere Entwicklung bleibt also abzuwarten.

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