Servus #25

Im Koalitionsvertrag haben sich CDU, CSU und SPD eine Reihe von Themen im Bereich Rentenpolitik und betriebliche Altersversorgung vorgenommen. In der gesetzlichen Rentenversicherung soll das Rentenniveau bis mindestens 2031 gesetzlich auf 48 % festgeschrieben werden. Dies soll durch Steuermittel finanziert werden, um ein übermäßiges Ansteigen der Rentenbeiträge zu vermeiden.

Auch soll ein abschlagsfreier Renteneintritt nach 45 Beitragsjahren weiterhin möglich bleiben – dieser Punkt war in der Vergangenheit vielfach kritisiert und kontrovers diskutiert worden. Ausgeweitet werden soll die Mütterrente. Unabhängig vom Geburtsjahr sollen drei Rentenpunkte pro Kind angerechnet werden. Bislang waren es 2,5 für vor 1992 geborene Kinder.

Eingeführt werden soll eine sog. Aktivrente. Wer das gesetzliche Rentenalter erreicht und freiwillig weiterarbeitet, soll sein Gehalt bis zu 2.000 Euro im Monat steuerfrei erhalten. Es soll so mehr Flexibilität für den Übergang in die Rente geschaffen werden. Durch finanzielle Anreize wird auf freiwilliges längeres Arbeiten gesetzt, statt das gesetzliche Renteneintrittsalter zu erhöhen. Zudem sollen die Hinzuverdienstmöglichkeiten bei der Hinterbliebenenrente sowie bei Bezug der Grundsicherung im Alter verbessert werden.

Außerdem soll eine gänzlich neue „Frühstartrente“ eingeführt werden. Dabei soll für jedes Kind vom sechsten bis zum 18. Lebensjahr, das eine Bildungseinrichtung in Deutschland besucht, pro Monat zehn Euro in ein individuelles, kapitalgedecktes und privatwirtschaftlich organisiertes Altersvorsorgedepot eingezahlt werden. Der in dieser Zeit angesparte Betrag soll dann anschließend ab dem 18. Lebensjahr bis zum Renteneintritt durch private Einzahlungen weiter bespart werden können. Die Erträge aus dem Depot sollen bis zum Renteneintritt steuerfrei und das Sparkapital vor staatlichem Zugriff geschützt sein. Eine Auszahlung soll erst mit Erreichen der Regelaltersgrenze möglich sein. Dieses Modell der Frühstartrente wird vielfach auch schon als „Merz-Rente“ bezeichnet.

Bis Mitte der Legislaturperiode soll weiterhin in einer Rentenkommission geprüft werden, eine neue Kenngröße für das Gesamtversorgungsniveau einzuführen, die alle drei Rentensäulen umfasst.

Dr. Torsten Reich
torsten.reich@profion.de

Der Gender Pay Gap beschreibt den Unterschied im Stundenlohn zwischen Frauen und Männern. Denn: Frauen verdienen oft weniger als Männer – selbst bei vergleichbarer Arbeit.
Um diesen Unterschied wirklich auf die Ungleichheit in der Behandlung der Geschlechter, also auf eine Form der Diskriminierung zurückführen zu können, gibt es den bereinigten Gender Pay Gap. Hier werden Faktoren wie Beruf, Branche, Arbeitszeit, Ausbildung und Karrierelevel herausgerechnet. Denn diese Dinge beeinflussen zwar auch strukturell das Gehalt, nicht aber im Sinne von geschlechtsspezifischer Diskriminierung. Der bereinigte Gender Pay Gap zeigt also, wie groß der Verdienstunterschied noch ist, wenn Frauen und Männer mit denselben Voraussetzungen arbeiten. Dann liegt als Ursache für diesen Unterschied mit hoher Wahrscheinlichkeit Diskriminierung vor. (Statistisches Bundesamt: https://www.destatis.de/DE/Home/_inhalt.html) ( Kienbaum: Gender Pay Gap – Entgeltlücke analysieren und beheben)

Neue EU-Richtlinie für Lohngleichheit 

Die EU-Richtlinie zur Entgelttransparenz vom 26. Juni 2023 soll helfen, die Lohnungleichheit zwischen Frauen und Männern zu verringern. Bis zum 7. Juni 2026 müssen die Regeln in deutsches Recht übernommen und umgesetzt werden. Das bedeutet: Unternehmen müssen sich auf strengere Vorgaben einstellen. 
Schon jetzt gilt: Frauen und Männer müssen eigentlich für die gleiche oder gleichwertige Arbeit das gleiche Gehalt bekommen, sie dürfen nicht diskriminiert werden. Das AGG (das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz) hat gegenüber der individuellen Vertragsfreiheit schon heute Vorrang. Aber: Eine strukturelle Diskriminierung nachzuweisen ist Stand heute nicht leicht und erschwert damit individuelle Klagen.  Die neuen Regelungen verbessern die Aktionsmöglichkeiten durch mehr Transparenz auf dem Arbeitsmarkt, durch Berichtspflichten und durch feste juristische Lösungsmöglichkeiten:

Welche Änderungen kommen?

Lohntransparenz bei Stellenausschreibungen

  • Arbeitgeber müssen bereits bei Ausschreibung das Gehaltsniveau einer Stelle angeben.
  • Fragen zum bisherigen Gehalt von Bewerbenden im Auswahlprozess könnten verboten werden.

Auskunftsrecht für Angestellte

  • Mitarbeitende können Informationen über die durchschnittlichen Gehälter im Unternehmen verlangen (anonymisiert).
  • Diese Daten werden nach Geschlecht und vergleichbarer Tätigkeit geclustert.

Pflicht zur Berichterstattung über geschlechtsspezifische Lohnunterschiede

  • Ziel: Unternehmen mit mehr als 100 Beschäftigten müssen regelmäßig Informationen über das Lohngefälle zwischen Frau und Mann veröffentlichen.
  • Gestaffelte Umsetzung: Unternehmen > 250 Beschäftigte jährlich und Unternehmen mit 150 – 249 Beschäftigten berichten alle drei Jahre. Fünf Jahre nach Ablauf der Umsetzungsfrist berichten auch Unternehmen mit 100-149 Beschäftigten alle drei Jahre.

Gemeinsame Überprüfung der Gehälter

  • Gibt es einen bereinigten Lohnunterschied von mehr als 5 % (nachgewiesen über die vorgenannte Berichterstattung), muss das Unternehmen gemeinsam mit Arbeitnehmervertretungen eine Entgeltprüfung durchführen. 

In Konsequenz gibt es zukünftig ein System, welches den in der Bezahlung Diskriminierten, Lösungen ermöglicht:

  • Diskriminierte können Entschädigungen erhalten.
  • Arbeitgeber müssen nachweisen, dass keine Diskriminierung vorliegt (Beweislast liegt beim Arbeitgeber).
  • Es gibt feste Sanktionen für diskriminierende Unternehmen und die Möglichkeit für Sammelklagen von Betroffenen.
  • (s. Haufe: EU-Richtlinie für mehr Lohngleichheit | Personal | Haufe)

Was bedeutet das für Unternehmen?

Unternehmen sollten jetzt ihre Lohnstrukturen überprüfen und bestehende Ungleichheiten beseitigen. So können sie sicherstellen, dass sie geschlechterneutral bezahlen – und sind auf die neuen Transparenzregeln gut und sicher vorbereitet.

Zum 01.01.2025 sind durch das Vierte Bürokratieentlastungsgesetz Neuregelungen für das Nachweisgesetz (NachwG) in Kraft getreten, mit der insbesondere Erleichterungen zur Form des Nachweises eingeführt wurden. Bislang waren Arbeitgeber zum schriftlichen Nachweis der wesentlichen Vertragsbedingungen des Arbeitsverhältnisses verpflichtet, wozu u.a. die Zusammensetzung und die Höhe der Bestandteile des Arbeitsentgelts einschließlich der betrieblichen Altersversorgung gehört. Schriftform bedeutet, dass das Dokument vom Arbeitgeber zu unterschreiben und dem Mitarbeiter auszuhändigen ist. Die maßgebliche europäische Transparenzrichtlinie, auf der das NachwG beruht, sah diese strikten Formvorgaben jedoch nicht vor.

Durch die zum 01.01.2025 in Kraft getretene Neuregelung wird künftig die Möglichkeit geschaffen, die wesentlichen Vertragsbedingungen des Arbeitsverhältnisses alternativ in Textform abzufassen und elektronisch zu übermitteln, sofern die betreffenden Informationen dem Mitarbeiter zugänglich sind, gespeichert und ausgedruckt werden können und der Arbeitgeber den Mitarbeiter mit der Übermittlung auffordert, einen Empfangsnachweis zu erteilen. Die Neuregelung des NachwG orientiert sich damit stärker als bislang an den Vorgaben zur Textform gemäß der entsprechenden EU-Richtlinie. Künftig können damit Versorgungsordnungen, Entgeltumwandlungsvereinbarungen, Versicherungsscheine, Leistungspläne etc. grundsätzlich in Textform bereitgestellt werden. Zu beachten ist allerdings, dass bestimmte Branchen, die im Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz genannt sind (u.a. Bau-, Gaststätten-, Gebäudereinigungs- oder Speditionsgewerbe) von diesen Erleichterungen ausgenommen sind, da für sie nach wie vor das strengere Schriftformerfordernis gilt.

Dr. Torsten Reich
torsten.reich@profion.de

Die betriebliche Krankenversicherung (bKV) ist ein zunehmend nachgefragtes Angebot, das Unternehmen nutzen, um im Wettbewerb Fachkräfte zu gewinnen und langfristig zu binden. Als Zusatzversicherung, die vom Arbeitgeber für die Mitarbeitenden abgeschlossen wird, bietet sie eine ergänzende Absicherung zur gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) oder unterstützt privat krankenversicherte Mitarbeitende. Abhängig vom Tarif können verschiedene Leistungen abgedeckt werden, etwa schnellere Arzttermine, bessere Behandlungen oder Zahnzusatzversicherungen.

Es gibt zwei gängige Modelle der bKV: das Baustein-Modell und das Budget-Modell. Beim Baustein-Modell stellt der Arbeitgeber verschiedene Leistungsbausteine zusammen, aus denen die Mitarbeitenden individuell die für sie passenden Module auswählen können. Das Budget-Modell bietet den Mitarbeitenden ein festes Gesundheitsbudget, das sie nach ihren Bedürfnissen für Gesundheitsleistungen einsetzen können.

Die Einführung von Budget-Tarifen hat die bKV in den letzten Jahren als moderne und attraktive Lösung etabliert. Arbeitgeber erkennen zunehmend, dass die Gesundheitsversorgung ihrer Mitarbeitenden nicht nur das Wohlbefinden fördert, sondern auch die Produktivität und das Engagement im Unternehmen steigert. Angesichts steigender Gesundheitskosten und längerer Wartezeiten in der GKV ist es wenig überraschend, dass immer mehr Unternehmen die bKV als Zusatzangebot einführen. Besonders im Mittelstand und in größeren Unternehmen hat sich die bKV zu einem wichtigen Instrument der Mitarbeiterbindung und -gewinnung entwickelt. Auch kleinere Unternehmen nutzen zunehmend die steuerfreie Sachbezugsfreigrenze von bis zu 50 Euro pro Mitarbeitendem monatlich.

Die bKV unterstreicht das Engagement des Unternehmens für die Gesundheit seiner Belegschaft und verschafft einen Wettbewerbsvorteil bei der Gewinnung neuer Talente. Dennoch bleibt die Durchdringung der bKV in wettbewerbsintensiven Branchen immer noch vergleichsweise gering. Daher empfiehlt Profion jenen Unternehmen, die sich gezielt vom Wettbewerb abheben möchten, eine rein arbeitgeberfinanzierte Kombination aus betrieblicher Altersvorsorge (bAV) und bKV. Die arbeitgeberfinanzierte bAV bleibt in diesem Kontext das zentrale Instrument der Mitarbeiterbindung und -gewinnung – das „New Normal“. Durch die Kombination mit einer bKV können sich Unternehmen weit über dem typischen Benchmark positionieren und ihren Mitarbeitenden einen echten Mehrwert bieten, was zu einer höheren Attraktivität und Mitarbeiterbindung führt.

Während die bAV eine langfristige Vorsorgemaßnahme darstellt, ergänzt die bKV das Gesamt-Benefitpaket mit wertvollen Gesundheitsleistungen und schafft so einen ganzheitlichen Vorteil für die Mitarbeitenden.

Wichtig ist, dass bei der Einführung einer bKV unbedingt Gesundheitsfragen vermieden werden sollten, weshalb dieses Angebot in der Regel erst ab Kollektivgrößen von 10 Mitarbeitenden oder mehr sinnvoll ist, um den administrativen Aufwand und potenzielle Risiken zu minimieren.

Für Rückfragen oder weitere Informationen steht Ihnen Profion gerne zur Verfügung.

Ein aktuelles Urteil des Landessozialgerichts (LSG) Baden-Württemberg vom 25. November 2024 (Az. L 4 KR 1262/21) zeigt, wie relevant eine präzise Klärung der Versicherungsnehmereigenschaft im Versicherungsverlauf ist.

Hintergrund des Falls

Während der Versicherungsdauer ergaben sich verschiedene Finanzierungs- und Versicherungsnehmer-Konstellationen:

  1. Die Direktversicherung wurde zunächst durch den Arbeitgeber als Versicherungsnehmer finanziert.
  2. Später übernahm die Arbeitnehmerin die Prämienzahlungen, während der Arbeitgeber Versicherungsnehmer blieb.
  3. Schließlich wurde die Arbeitnehmerin selbst Versicherungsnehmerin, führte die Versicherung aber beitragsfrei fort.

Als die Kapitalleistung aus der Direktversicherung 2020 ausgezahlt wurde, stellte sich die Frage, welche Teile davon der Beitragspflicht unterliegen. Das LSG Baden-Württemberg entschied wie folgt:

  1. Überschüsse aus der Zeit der beitragsfreien Fortführung sind nicht gesondert zu behandeln, d.h. auch diese Überschüsse werden bei der Beitragsbemessung berücksichtigt.   
  2. Die seit 2004 geltende Beitragspflicht für Kapitalleistungen kommt rückwirkend zur Anwendung.
  3. Beitragspflicht gilt auch für Leistungen aus Zeiten, in denen die Arbeitnehmerin Beiträge zahlte und der Arbeitgeber Versicherungsnehmer war.  

Bedeutung für die Praxis

Für Arbeitgeber:
Arbeitgeber sind verpflichtet, Änderungen der wirtschaftlichen Trägerschaft zu melden (§ 5(2 LStDV). Das ist z.B. relevant, wenn Arbeitnehmer während der Elternzeit die Direktversicherung mit privaten Beiträgen fortführen. Unterbleibt die verpflichtende Meldung, so kann es für den Arbeitnehmer zu einer Doppelversteuerung kommen.

Für Arbeitnehmer:
Eine unklare Versicherungsnehmer-Eigenschaft kann dazu führen, dass Leistungen unerwartet der Beitragspflicht unterliegen.

Unser Service für Sie

Wir informieren sowohl Arbeitgeber als auch Arbeitnehmer umfassend über die möglichen Auswirkungen bei Wechsel der Versicherungsnehmereigenschaft oder der wirtschaftlichen Trägerschaft. Dadurch schaffen wir Rechtssicherheit und bauen unangenehmen Überraschungen vor.

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